"Durststrecke" 09.02.2016 09:58:47

Globale Krisen machen deutscher Industrie zu schaffen

Und auch im Außenhandel machten sich die globalen Krisen sowie die Konjunkturschwäche in Schwellenländern wie China, Brasilien und Russland bemerkbar: Im Dezember sanken die Exporte aus Deutschland kräftig, während für das Gesamtjahr 2015 neue Rekordwerte aufgestellt wurden.

Die Produktion im produzierenden Gewerbe ging im Dezember gegenüber dem Vormonat wider Erwarten um 1,2 Prozent zurück, wie das Bundeswirtschaftsministerium am Dienstag in Berlin mitteilte. Dies war der stärkste Rückgang seit August 2014.

Von Dow Jones befragte Volkswirte hatten hingegen mit einer Produktionssteigerung um 0,5 Prozent gerechnet. Die Ergebnisse vom November wurden leicht auf minus 0,1 Prozent aufwärts revidiert nach zuvor ursprünglich genannten minus 0,3 Prozent.

Vor allem in der Industrie mit minus 1,1 Prozent und beim Bau mit minus 0,2 Prozent kam es den Angaben zufolge zu Rückgängen. Besonders deutlich fiel der Einbruch mit minus 3,0 Prozent im Bereich der Energieerzeugung aus. Einen noch stärkeren Rückgang hatte es zuletzt im Februar 2014 mit minus 3,4 Prozent gegenüber dem Vormonat gegeben.

Schwaches Schlussquartal

Im Jahresschlussquartal schwächte sich die Produktion im produzierenden Gewerbe um 0,8 Prozent ab. In der Industrie ging das Produktionsvolumen um 0,9 Prozent zurück. Ausschlaggebend waren nach Einschätzung der Experten unter anderem Produktionszahlen in den konjunkturell wichtigen Branchen Maschinenbau und Kfz. Im Teilbereich Energie nahm die Erzeugung um 2,9 Prozent ab. Lediglich im Baugewerbe konnten die Unternehmen um 1,2 Prozent zulegen.

"Zum Jahresende 2015 durchlief die Industrieproduktion eine Durststrecke", kommentierte das Wirtschaftsministerium die Entwicklung, sieht allerdings eine leichte Tendenz nach oben: "Angesichts der verbesserten Auftragseingänge im Jahresschlussquartal dürften die Unternehmen ihre Produktion zu Jahresbeginn wieder etwas ausweiten".

Stopp zu Weihnachten

ING-Diba Analyst Carsten Brzeski erklärte, der Rückgang könne zwar teilweise auf die Weihnachtsferien zurückgeführt werden, die faktisch zu einem zweiwöchigen Produktionsstopp geführt hätten. Allerdings zeige die Tatsache, dass die industrielle Produktion im Schlussquartal um knapp 1 Prozent niedriger gelegen habe als im dritten Quartal 2015 eine grundlegende Schwäche in Deutschlands ehemaligem Wachstumsmotor auf.

Die aktuellen Daten zeigten schmerzhaft auf, dass in der größten Volkswirtschaft der Eurozone nicht alles rundlaufe, erklärte Brzeski. Zwar sei der Arbeitsmarkt stark, Inflation und Zinsen seien niedrig, die Löhne hoch und der Konsum stark - "die deutsche Industrie jedoch steht noch auf wackeligen Beinen", kommentierte Brzeski.

Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen erklärte, die Industrieproduktion habe im Dezember erneut enttäuscht. Dies unterstreiche, dass die deutsche Industrie unter der Schwäche in den Emerging Markets leide.

Wie Brzeski lenkte auch Solveen den Blick auf die Weihnachtsferien. Die Dezember-Zahlen für die Industrieproduktion seien "immer mit Vorsicht zu interpretieren, da sie sehr stark von der Lage der Weihnachtstage beeinflusst werden. Denn viele Unternehmen fahren die Produktion auch in den Tagen rund um die Feiertage herunter", erklärte er.

Für einen überdurchschnittlich starken negativen Effekt spreche jedoch neben der Diskrepanz zwischen Umsätzen und Produktion (Umsätze plus 1,8 Prozent), dass die Bauproduktion trotz des milden Wetters um 0,2 Prozent abgenommen habe. "Darum dürfte die Produktion in den kommenden Monaten wieder höher ausfallen", sagte Solveen.

Exporte knicken im Dezember ein

Im Dezember fielen die deutschen Exporte kalender- und saisonbereinigt um 1,6 Prozent gegenüber dem Vormonat auf 97,8 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahresmonat lagen die Exporte um 3,2 Prozent höher.

Im Gesamtjahr 2015 stellten die Unternehmen hingegen neue Rekordmarken auf: Es wurden Waren im Wert von 1.195,8 Milliarden Euro exportiert, womit der bisherige Rekord aus dem Jahr 2014 mit 1.123,7 Milliarden Euro übertroffen wurde. Die Außenhandelsbilanz schloss das Jahr 2015 mit dem bisher höchsten Überschuss von 247,8 Milliarden Euro ab.

"Mit dem Rückgang zum Vormonat hat sich die jährliche Wachstumsrate der Exporte im Dezember von 7,8 Prozent auf 3,2 Prozent mehr als halbiert", rechnete BayernLB-Ökonom Johannes Mayr vor. Vor allem die Nachfrage aus EU-Ländern außerhalb der Währungsunion habe zum Jahresende deutlich nachgelassen.

"Hier könnten die verstärkten Grenzkontrollen im Zuge der Flüchtlingskrise eine Rolle gespielt haben", meint Mayr. "Dies wäre ein deutliches Signal dafür, welche Auswirkungen ein Scheitern des Schengenraumes für die deutsche Wirtschaft hätte. Der Absatz in Länder des Euroraumes wie auch in Drittländer außerhalb der EU hat sich dagegen nur geringfügig verringert."

DJG/stl/apo

BERLIN (Dow Jones)

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