20.05.2015 17:02:23

Deutsche Bank steht vor umfangreichem Vorstandsumbau

   Von Madeleine Nissen

   FRANKFURT (Dow Jones)--Die Hauptversammlung der Deutschen Bank am Donnerstag droht zu einem Fiasko zu werden. Die lang erwartete neue Strategie wirft bei den Investoren mehr Fragen auf, als sie Antworten gibt. Die Kritik mächtiger Aktionäre am Vorstand wird immer lauter. Bereits hingeworfen hat Privatkundenvorstand Rainer Neske. Beobachter rechnen bei der heutigen Aufsichtsratssitzung mit weiteren Personalentscheidungen.

   Investoren fordern inzwischen offen einen Vorstandsumbau. So richtig sicher sitzt aktuell kein Vorstand auf seinem Stuhl.

   Als erster Anteilseigner hat Hermes Investment Management verkündet, den Vorstand nicht zu entlasten. "Es gibt Fragen über die Leistung der Vorstandchefs in den vergangenen drei Jahren", sagte Director Hans-Christoph Hirt im Gespräch mit Dow Jones. "In der jetzigen Besetzung hat der Vorstand nicht mehr unser Vertrauen; daher bitten wir den Aufsichtsrat, seine Zusammensetzung kritisch zu überprüfen."

   Andere Investoren äußern sich ähnlich. Einer der zwanzig größten Anteilseigener, der namentlich nicht genannt werden will, verweigert ebenfalls die Entlastung. Weitere werden wohl folgen. Denn viele große Anteilseigner hören auf den Rat von Aktionärsberatern. So hatte Institutional Shareholder Services (ISS) Investoren geraten, das Management nicht zu entlasten. Die Berater von Glass, Lewis & Co empfehlen, sich zu enthalten. Sie begründen das mit dem laufenden Prozess gegen Co-Vorstandschef Jürgen Fitschen und den Ermittlungen gegen Rechtsvorstand Stephan Leithner.

   Ein Ergebnis von mehr als zwanzig Prozent Gegenstimmen bei der Entlastung des Vorstands sollte laut Hermes-Director Hirt dem Aufsichtsrat sehr zu denken geben, insbesondere wenn man die Aktionärsstruktur betrachtet. Rückenwind bekommt die Bank dagegen von Großinvestoren wie Blackrock, mit denen die Bank über andere Geschäfte verknüpft ist. Zusammen mit Paramount aus Katar hält Blackrock rund fünfzehn Prozent.

   Unter Druck steht auch der Aufsichtsrat selbst. "Wir werden Herrn Achleitner fragen, warum es erst im Jahr 2014 die Erkenntnis gab, einen Vorstand zu berufen, der sich nur mit Rechtsfragen befasst", sagte Hirt. Hermes ist mit der Kritik an der schleppenden Aufarbeitung der Rechtsstreitigkeiten nicht allein. Hirt sagte: "Wenn sich seit 2012 ein Vorstand ausschließlich mit Rechtsfragen befasst hätte, wäre wohl mehr möglich gewesen." Und: "Für Herrn Achleitner gilt jetzt auch, was für die Vorstände gilt: Er ist drei Jahre dabei und somit für wesentliche Weichenstellungen mit verantwortlich."

   Aufsichtsratschef Achleitner ist sich des Drucks bewusst. Im Interview mit dem Wall Street Journal verlangte er von den beiden Chefs der Bank Ergebnisse. "Die Beurteilung (der Vorstandschefs) richtet sich künftig nach der Umsetzung der Strategie", sagte er. Die Kritik nimmt er ernst: "Wir sind sehr sensibel, wenn es um die Meinung der Aktionäre geht."

   Wenn die Umsetzung der Strategie Chefsache ist, stellt sich die Frage, welche Rolle Strategiechef Stefan Krause spielen soll. Das Finanzressort, ehemals Krauses Revier, übernimmt nach der Hauptversammlung der ehemalige E.ON-Finanzchef Marcus Schenck. Für Krause heißt das: Entweder er steht als Ersatzkandidat für den Posten des Vorstandschefs in den Startlöchern oder er geht. Das Prinzip "Up or out" kennen Banker nur allzu gut.

   Beobachter unken, Krause könnte Neskes Amt erben und operativ Erfahrungen sammeln, um schließlich als Vorstandschef aufzurücken. Bislang hüllt sich der Aufsichtsrat bei der Frage nach Krauses zukünftiger Aufgabe in Schweigen. Ungewiss ist auch die Zukunft von Stephan Leithner, der als Rechtsvorstand nur schleppend Ergebnisse präsentiert hat.

   Ob Kleinanleger oder Großinvestor, die Kritik an der Vorstandsriege ist ähnlich. Sie bemängeln vorrangig drei Punkte.

   Erstens: Der Vorstand hat die wesentlichen Ziele klar verfehlt. Die Strategie 2015+ hat für die Aktionäre keinen Wert geschaffen, da der Vorstand zu spät auf das sich klar verändernde wirtschaftliche und regulatorische Umfeld reagiert hat. Die Kursentwicklung der Aktie ist dementsprechend.

   Zweitens: Der Kulturwandel hat sich nicht in Verhaltensänderungen manifestiert. "Das war aus unserer Sicht von Anfang an ein PR-Gag", sagte ein Investor. "Wenn die Deutsche Bank den Kulturwandel ernst gemeint hätte, dann wären andere Leute am Ruder." Auch Hermes hat nach eigenen Angaben mit der Bank darüber diskutiert, ob Fitschen und Jain geeignet sind, den Kulturwandel umzusetzen. Denn beide hätten bereits zuvor Schlüsselpositionen besetzt und seien damit Teil der alten Kultur.

   Drittens: Die Milliardenstrafen und die im Vergleich zu anderen Banken schleppende Aufarbeitung der Rechtsstreitigkeiten.

   Für weiteren Druck vor der Hauptversammlung sorgt Kritik aus der Politik. "Drei Jahre nach Antritt des neuen Führungsduos ist die Deutsche Bank immer noch ein Problemfall", sagte Gerhard Schick von Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Altlasten wie die Zinsmanipulation und der Vorwurf der Prozesstäuschung lähmten die Bank. Schick: "Der angekündigte Kulturwandel scheint nicht stattzufinden - wie sonst erklärt sich der Vorwurf der britischen und amerikanischen Aufsicht, dass die Bank mit Fehlinformation und Verzögerungstaktik die Aufklärung behindert hat?" Auch beim Umsatzsteuerbetrug mit Emissionszertifikaten sei die Rolle der Vorstände fragwürdig.

   (Mitarbeit: Eyk Henning)

   Kontakt zur Autorin: Madeleine.Nissen@wsj.com

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   May 20, 2015 10:30 ET (14:30 GMT)

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