Vergleich im Libor-Skandal 23.04.2015 18:00:40

Deutsche Bank muss 2,5 Milliarden Dollar zahlen

Die Aktionäre der Deutschen Bank haben am Donnerstag angesichts einer Einigung im Libor-Skandal aufgeatmet. Zwar zahlt der deutsche Branchenprimus einen hohen Preis, um sich im Verfahren um manipulierte Zinssätze freizukaufen, doch ist nun zumindest eine Baustelle geschlossen. Der Vorstand kann sich jetzt auf den Strategiewandel konzentrieren.

Die Papiere erholten sich nach der Neuigkeit: Zum Börsenschluss standen sie noch 0,10 Prozent im Minus bei 31,410 Euro, womit sie zu den besten Werten im DAX zählten. Der deutsche Leitindex ging 1,21 Prozent schwächer aus dem Handel.

Deutschlands größtes Geldhaus muss wegen Verstrickungen in den Libor-Skandal um manipulierte Zinssätze das höchste bislang von angelsächsischen Finanzwächtern in diesem Fall verhängte Bußgeld zahlen. Die Bank habe einen Vergleich über 2,5 Milliarden Dollar (2,3 Mrd Euro) akzeptiert, teilte die New Yorker Aufsichtsbehörde DFS am Donnerstag mit.

Die Summe übertrifft die jüngsten Spekulationen, die von einer Buße in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar ausgegangen waren. Mit dem teuren Vergleich kauft sich das Institut aber nicht nur von Ermittlungen in den USA, sondern auch in Großbritannien frei. Den Milliardenbetrag teilen sich das US-Justizministerium, die Derivateaufsicht CFTC und die New Yorker DFS sowie die britische Kontrollbehörde FCA.

REFERENZZINSEN MANIPULIERT

Der Libor-Skandal war Mitte 2012 bekanntgeworden. Über Jahre hatten Mitarbeiter mehrerer Großbanken wichtige Referenzzinsen für das Geldgeschäft der Banken untereinander manipuliert, um eigene Geschäfte zu fördern. Die Deutsche Bank hatte Ende 2013 bereits eine EU-Strafe von 725 Millionen Euro akzeptiert. Der Libor ist ein Richtwert für Finanzgeschäfte im Volumen von Hunderten Billionen Dollar - zahlreiche Kredite sind daran gekoppelt.

Der jetzt abgeschlossene Kompromiss mit den Regulieren hat bei der Deutschen Bank auch personelle Konsequenzen: "Die Bank hat sich von den Mitarbeitern getrennt oder ist disziplinarisch gegen diejenigen vorgegangen, die in das Fehlverhalten im Handelsbereich involviert waren", teilte das Institut nach der Einigung mit. Die Entlassung von sieben Angestellten war eine Auflage der Aufseher.

BANK SIEHT TOP-MANAGEMENT ENTLASTET

Ihr Top-Management sieht die Deutsche Bank hingegen entlastet. "Für kein gegenwärtiges oder ehemaliges Vorstandsmitglied wurde festgestellt, dass es Kenntnis über das Fehlverhalten im Handelsbereich hatte oder daran beteiligt war." Das Institut ließ sich jedoch ein Schuldbekenntnis abringen und gibt damit Verwicklungen in kriminelle Handlungen in den USA zu. Außerdem gesteht die Bank ein, dass ihre Kontrollsysteme unzureichend waren.

Bereits am Vorabend hatte die Deutsche Bank angekündigt, dass sie im ersten Quartal ihre Rückstellungen für Rechtsrisiken um weitere 1,5 Milliarden auf zuletzt wohl fast fünf Milliarden Euro erhöhen musste. Trotz allem werde unter dem Strich noch ein Gewinn stehen, versprach das Institut Aktionären bereits. Die Vorlage der Bilanz für die ersten drei Monate ist für Mittwoch geplant.

Auch nach der Libor-Einigung schlägt sich die Deutsche Bank noch mit diversen juristischen Konflikten herum. In den USA steht beispielsweise noch eine teure Strafe wegen Preisabsprachen einzelner Händler am Devisenmarkt aus. Die US-Behörden greifen seit der Finanzkrise hart gegen Banken durch, zumindest wenn es um die Verhängung von Geldstrafen geht.

NORDLB: HÖCHSTE STRAFEN SOLLTEN HINTER DER BANK LIEGEN

Allerdings sollte der Finanzkonzern nun die höchsten Strafzahlungen hinter sich haben, schrieb Analyst Michael Seufert von der NordLB in einer Studie. Es bestehe die Hoffnung, dass die vorhandenen Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten die Risiken weitgehend abdeckten und die Gewinne in Zukunft weniger stark von weiteren Strafen belastet würden.

Bereits zur Wochenmitte hatte die Deutsche Bank angekündigt, dass sie im ersten Quartal ihre Rückstellungen für Rechtsrisiken um weitere 1,5 Milliarden Euro erhöhen musste. "Die noch höheren Ausgaben schmerzen zwar, dafür sollte das Thema nun langsam vom Tisch sein", hatte ein Händler dazu gesagt. Zudem wird der Finanzkonzern nach eigenen Angaben trotz der zusätzlichen 1,5 Milliarden Euro im ersten Quartal einen Gewinn ausweisen und Erträge annähernd auf Rekordniveau verzeichnen.

FOKUS AUF NEUAUSRICHTUNG

Analyst Mohamed Souidi von der schweizerischen Bank Credit Suisse wertete diese Aussagen in einer Studie vom Donnerstag als Signal für eine mögliche positive Überraschung im ersten Quartal. Allerdings erscheine der Optimismus vieler Anleger vor den ebenfalls erwarteten Aussagen zur Strategie mittlerweile zu hoch.

Die Weichen für die Zukunft der Deutschen Bank dürfte der Aufsichtsrat bei seiner Sondersitzung an diesem Freitag stellen. Bereits seit Monaten prüft der Konzern eine strategische Neuaufstellung. Im Gespräch soll dabei die Aufspaltung in eine Unternehmer- und eine Privatkundenbank oder die Abtrennung der Postbank sein.

BANKHAUS LAMPE: TRENNUNG VON POSTBANK SINNVOLL

Analyst Neil Smith vom Bankhaus Lampe hält einen Verkauf der Postbank in zwei Schritten strategisch sowie finanziell für sinnvoll. Dabei könnte zunächst der Streubesitz der Postbank-Papiere von 6 auf 49 Prozent erhöht werden, um dann die verbleibenden 51 Prozent zu veräußern, hatte der Experte in einer aktuellen Studie geschrieben. Letzteres könnte dann in drei bis fünf Jahren geschehen.

Die Erwartung besserer Kapitalquoten infolge des zweiten Verkaufsschritts könnte die Kursentwicklung der Deutsche-Bank-Papiere sogar kurzfristig unterstützen, glaubt Smith. Die Investition des Verkaufserlöses in das Geschäft mit vermögenden Privatkunden könnte zudem den Wert der Aktien des Dax-Konzerns um rund 4 Euro steigern. Smith nannte ein Kursziel von 35 Euro. /hbr/enl/DP/she

NEW YORK (dpa-AFX)

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