03.12.2013 08:31:31

Der Todeskampf der Welthandelsorganisation

   Von Ben Otto

   NUSA DUA--Die Welthandelsorganisation WTO unternimmt in dieser Woche einen möglicherweise letzten verzweifelten Anlauf, um die weltweiten Handelsgespräche wiederzubeleben. Die Anzeichen mehren sich, dass viele ihrer 159 Mitglieder die Hoffnung auf ein globales Handelsabkommen längst aufgegeben haben.

   Nach 12 Jahren verpasster Fristen und dem Fehlschlag der vergangene Woche, sich vor dem am Dienstag beginnenden viertägigen Treffen auf Bali nicht einmal mehr auf ein zusammengekürztes Maßnahmenbündel einigen zu können, wirken die Verhandlungen so gut wie tot. Ein Durchbruch in letzter Minute ist nahezu ausgeschlossen.

   Einige Länder haben in den vergangenen Jahren bewusst um die WTO einen Bogen gemacht und sich lieber kleineren bilateralen und regionalen Handelsabkommen zugewandt. Erst am Montag forderte der britische Premierminister David Cameron ein Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und China.

   Die WTO als Verhandlungsforum zur Liberalisierung des Welthandels sei "irrelevant" geworden, sagt Jean-Pierre Lehman, ein politischer Ökonom an der Schweizer Business School IMD. Selbst die andere Hauptfunktion der WTO - als Vermittler bei Handelsstreitigkeiten zwischen ihren Mitgliedstaaten - könnte in Gefahr sein, wenn die Handelsgespräche nun im Streit abgebrochen würden, warnt Lehman. Langfristig würde dann auch der Konfliktlösungsmechanismus der WTO seine Daseinsberechtigung verlieren, was noch mehr Handelskriege nach sich ziehen könnte.

   "Streitschlichtung funktioniert nur, wenn es einen Konsens gibt", sagt Lehman und fügt bildhaft hinzu: Die WTO hat keine Armee."

   Im Jahr 2001 begann in der katarischen Hauptstadt die große Doha-Runde zum Abbau globaler Handelsschranken. Wenige Wochen vorher hatten Al-Qaida-Terroristen in den USA den tödlichen Anschlag auf das World Trade Center verübt, und viele Beobachter setzten deshalb große Hoffnungen auf die WTO-Gespräche. Diese, dachten sie, könnten dafür sorgen, den ärmsten Ländern der Welt Entwicklungschancen und Wohlstand zu bringen.

   Stattdessen steckten die Gespräche schnell fest. Die reichen Länder verlangten von den Entwicklungsländern niedrigere Einfuhrzölle für Industriegüter. Umgekehrt forderten Schwellenländer den Westen auf, Schluss mit Landwirtschaftssubventionen zu machen.

   Um die Doha-Runde wiederzubeleben, einigten sich die Teilnehmer schon vor zwei Jahren darauf, wenigstens eine frühe Ernte" einfahren zu wollen. Gemeint war ein Abkommen, das den Handel zumindest in einigen Bereichen vereinfachen würde - auch wenn es bei weitem noch kein vollständiger Pakt wäre. Das Vorgehen kam einem Geständnis gleich und belegt, wie schwer es den 159 WTO-Mitgliedern fällt, einen Konsens zu erzielen.

   Bei seiner Ankunft auf Bali am Montag beschuldigte der indische Handelsminister Anand Sharma die industrialisierte Welt, auf die Belange der Entwicklungsländer gar nicht einzugehen. "Wir können nicht mit der Rhetorik einer Entwicklungsagenda fortfahren, ohne überhaupt einen vernünftigen Versuch zu starten, jene Probleme anzugehen, die für Entwicklungsländer von vorrangiger Bedeutung sind", sagte Sharma.

   Und WTO-Generalsekretär Roberto Azevêdo warnte: Sollte es nicht gelingen, in Bali irgendein Fortkommen zu erzielen, hätte das "schwerwiegende Konsequenzen" für das multilaterale Handelssystem. Eine neue Verhandlungsfrist würde dann vermutlich erst gar nicht mehr vereinbart.

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

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