12.11.2015 06:51:46
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EZB-Rat Coeure: Inflation von einem Prozent nicht mit EZB-Mandat vereinbar
FRANKFURT (Dow Jones)-- EZB-Direktoriumsmitglied Benoit Coeure sieht für Wachstum und Inflation momentan "eindeutige Abwärtsrisiken". Das Beste, was die Europäische Zentralbank (EZB) tun könne, sei, ihrem Mandat gerecht zu werden, damit die Inflation wieder in Richtung von zwei Prozent steige. "Eine Inflationsrate, die sich dauerhaft bei rund einem Prozent einpendelt, ist mit dem Mandat der EZB nicht vereinbar und kann nicht hingenommen werden", sagte der Geldpolitiker im Gespräch mit der europäischen Zeitungs-Allianz LENA, der Die Welt sowie El Pais, La Repubblica, Le Figaro, Le Soir sowie Tages-Anzeiger und Tribune de Genève angehören.
Zugleich hat Coeure die Regierungen der Eurozone davor gewarnt, sich weiterhin auf die EZB als alleinige Krisenretterin und treibende Kraft der Eurozone zu verlassen. "Wenn die gesamte Wachstumspolitik des Euroraums auf den Schultern der EZB lastet, wird das kein gutes Ende nehmen", sagte er
Die Regierungen seien gefordert, die notwendigen Reformen umzusetzen, um Vertrauen und Wachstum zu stärken und eine glaubwürdige Haushaltspolitik an den Tag zu legen. Es gebe in Europa "durchaus die Versuchung, sich bei der Lösung des Problems ganz auf die EZB zu verlassen", sagte Coeure weiter.
Der EZB sei sehr wohl bewusst, dass die niedrigen Zinsen auch negative Auswirkungen insbesondere auf die Ersparnisse hätten. "Wir möchten den aktuellen geldpolitischen Kurs nicht zu lange beibehalten, aber es ist unsere Aufgabe, ihn so lange fortzuführen wie nötig."
Coeure warnte in diesem Zusammenhang auch davor, vorschnelle Annahmen über den anstehenden EZB-Beschluss zu treffen. "Die Entscheidung ist noch nicht gefallen und die Diskussion dauert noch an." Von zentraler Bedeutung sei derzeit die Frage, ob spezifische Einflussfaktoren wie der Verfall der Rohstoffpreise dauerhaft eine Rückkehr der Inflationsrate auf ein Niveau von unter aber nahe 2 Prozent verhinderten. "Sollte Letzteres der Fall sein, werden wir zusätzliche Maßnahmen ergreifen", sagte Coeure. "Das entscheiden wir aber erst im Dezember unter Berücksichtigung aller uns vorliegenden Informationen."
Mit Blick auf die Debatte über mögliche schärfere Verhaltensregeln des EZB-Spitzenpersonals im Umgang mit Banken und Investoren, sprach sich Coeuré für klarere Regeln aus. "Wenn sich herausstellt, dass wir die Regeln verschärfen müssen, weil unser Verhalten in der Öffentlichkeit sonst falsch wahrgenommen wird, dann werden wir das tun", sagte er. Allerdings werde die EZB sicher nicht aufhören, mit den Akteuren an den Finanzmärkten zu kommunizieren.
Zu seinem eigenen Treffen mit Vertretern der BNP Paribas am Tag der EZB-Ratssitzung im September befragt, sagte er: "Ich kann Ihnen versichern, dass die Geldpolitik nicht Thema unseres Gesprächs war. Ich sage es noch einmal klar und deutlich: niemals geben wir bei solchen Terminen sensible Informationen weiter oder Hinweise zur künftigen Ausrichtung der Geldpolitik. Das verstieße gegen unsere Regeln."
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
DJG/smh
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November 12, 2015 00:21 ET (05:21 GMT)
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