22.10.2014 12:07:00

China entwickelt sich vom Billiglohnland zum eigenständigen Markt

Ein Billiglohnland ist China nicht mehr. Die Löhne seien zuletzt jährlich um fünfzehn Prozent gestiegen, wer nur eine verlängerter Werkbank für den Weltmarkt suche, verlasse das Land bereits wieder, sagte der langjährige Wirtschaftsdelegierte für China, Oskar Andesner, am Mittwoch in Wien vor Journalisten. Unternehmen die wachsen wollen, müssten trotzdem präsent sein: Für den chinesischen Markt.

Strom und Gas kosten schon Weltmarktpreise, viele Branchen "sind schon weg", sagt Andesner. Billiger sei es inzwischen in Kambodscha, Vietnam, Bangladesch - oder Afrika. Diesen Kontinent entdeckt auch China derzeit für sich. In fünf Jahren dürfte Afrika für China ein wichtigerer Markt sein als die EU oder die USA. China baut dort derzeit die Infrastruktur auf, die Hauptstädte sollen mit Eisenbahn und Autobahn verbunden werden, nicht zuletzt, damit Rohstoffe nach China gebracht werden können. Dabei unterscheide China von europäischen Kolonialherren des vorigen Jahrhunderts, dass sie sich nicht in die Politik einmischten, sagt Andesner: "Sie tun zumindest so", als wären sie Partner auf Augenhöhe.

Ganz wird China aber nicht auf Europa verzichten können. Denn 40 Prozent der Technologie im Land kommt vom alten Kontinent, während die USA oder Japan beim Technologietransfer wesentlich zurückhaltender sind. Wie lange der Vorsprung noch bleibt, ist schwer zu sagen. Aber China kauft sich inzwischen die besten Leute - nicht nur Übersee-Chinesen, auch Europäer und Amerikaner - ein und lässt sie in China forschen. Auch werden ganze Unternehmen erworben, um ihr Know-how zu transferieren, von Volvo bis zu den österreichischen Steyr Motors. Für die gibt es zwar eine fünfjährige Standortgarantie. Mittelfristig muss man aber wohl mit einer Abwanderung des Know-how rechnen, fürchtet Andesner.

Fortschritte sieht er dafür in der Bekämpfung der Produktpiraterie. Diese werde durch Razzien und hohe Strafen zurückgedrängt, nachgemachte Produkte seien in China nur mehr schwer zu finden. Auch vor chinesischen Gerichten hätten ausländische Firmen ihre Beschwerden durchsetzen können. Parallel dazu wird der Kampf gegen die Korruption verschärft: Heutzutage sei es schon schwierig, Regierungsbeamte zu einem Arbeitsessen einzuladen. Ob der Eifer nach ein oder zwei Jahren nachlasse, werde sich zeigen, aber der aktuelle Präsident Xi Jinping sei wohl der mächtigste seit Deng Xiaoping oder gar Mao Tse Tung, meint Andesner und könne daher viel in diese Richtung bewegen.

(Schluss) tsk/kre

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