16.06.2016 11:29:00
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AK: Effekt von EU-Kanada-Freihandelsabkommen CETA kaum spürbar
Laut Studie würde das Einkommen in Österreich im Laufe eines Jahrzehnts um 0,016 Prozent oder 50 Mio. Euro steigen - das wären sechs Euro pro Kopf. Gering qualifizierte Menschen hätte dabei einen kleinen realen Einkommensverlust, gut qualifizierte einen kleinen Gewinn. "Im besten Fall" würden etwa 450 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen, sagte Studienautor Werner Raza vom ÖFSE (Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung), der die Arbeit gemeinsam mit Bernhard Tröster erstellt hat. Der EU insgesamt würde CETA demnach im Laufe von rund zehn Jahren ein Wachstum von 0,023 Prozent bringen.
Zugleich verwies Raza darauf, dass auch frühere Studien nur von sehr geringen Auswirkungen des Abkommens ausgegangen seien und einen Einkommenszuwachs in der EU von 0,03 bis 0,08 Prozent errechnet hätten. Zugleich berücksichtigen die Studien aber nicht, welche Anpassungskosten auf die teilnehmenden Staaten zukommen, so Raza. Alleine durch Verschiebungseffekte am Arbeitsmarkt würden rund 4.300 Jobs wegfallen, die Betroffenen müssten umgeschult werden und würden in die Arbeitslosigkeit fallen - Raza geht davon aus, dass ein Fünftel des Nutzens aus CETA dadurch wieder wegfallen würde. Soziale oder ökologische Kosten aus CETA seien überhaupt nicht berücksichtigt.
Der Abbau von Zöllen dürfte wohl nur im Lebensmittelbereich eine spürbare Rolle spielen, werden doch hier 13 bis 20 Prozent eingehoben. Insgesamt liegt die Zollbelastung der Ausfuhren nach Kanada nur bei 3,5 Prozent, bei den Importen bei 1,4 Prozent. Viel wichtiger sind nichttarifäre Handelshemmnisse. Aber da stehe derzeit nur die Unternehmenssicht in der Diskussion, dass verschiedene Normen Kosten seien. Dem stünden aber gesellschaftlich gewünschter Nutzen, etwa bei Gesundheit oder Umweltschutz gegenüber, den man mit dem Abbau solcher Maßnahmen verliere, gibt Raza zu bedenken.
Den "kaum wahrnehmbaren" ökonomischen Vorteilen von CETA stehen erhebliche gesellschaftliche Risiken gegenüber, meint Schlager, Leiterin der Abteilung EU und Internationales in der Arbeiterkammer. Dazu gehört die Vereinbarung, dass eine gemeinsame Stelle für die Koordinierung von Regulierung (also neuen Gesetzen) entstehen soll. Ihre Aufgabe und ihr Einfluss seien nicht genau festgelegt, unklar sei, wie dortige Vereinbarungen in den Gesetzesprozess einfließen. Jedenfalls aber werde Lobbyisten Tür und Tor geöffnet. Auch sei dieses Gremium "extrem offen", kritisierte Eva Dessewffy, Außenhandelsexpertin der AK. "Es ist kein Beschlussfassungsgremium, aber wir wissen nicht, wie es danach weitergeht".
Zweiter Kritikpunkt der Arbeiterkammer sind die internationalen Schiedsgerichte, die ausländischen Firmen das Recht einräumen, gegen staatliche Maßnahmen zu klagen, die ihre Gewinne schmälern. Das bevorzuge ausländische gegenüber inländischen Firmen, große gegenüber kleinen und sei zwischen zwei Wirtschaftsräumen mit gut ausgebildetem Rechtssystem nicht nötig, so die AK-Expertinnen. Schlager: "CETA rühmt sich, dass es zwischen gleichen Partnern abgeschlossen wird - da gibt es keine inhaltliche Rechtfertigung, warum es eine zusätzliche Gerichtsbarkeit braucht." Und Dessewffy: "Kanada ist ja kein Entwicklungsland".
(Schluss) tsk/gru
WEB http://www.arbeiterkammer.at
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