17.03.2014 10:10:32
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Deutsche Regierung setzt nach Krim-Votum auf Diplomatie und Sanktionen
Von Andreas Kißler
BERLIN--Die deutsche Bundesregierung setzt nach dem Referendum für die Abspaltung der Krim von der Ukraine weiter auf Diplomatie und eine Zurückhaltung bei den nun anstehenden neuen Sanktionen der Europäischen Union (EU).
Im Fokus stehen die Verhängung von Kontensperrungen und Einreiseverboten gegen eine offenbar begrenzte Zahl Verantwortlicher in Russland und auf der Krim, die nach deutscher Vorstellung gegebenenfalls später auf weitere Personen erweitert werden soll, und die Entsendung einer Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in die Ukraine.
Die Außenminister der 28 EU-Länder kommen am Montag in Brüssel zusammen, um über gezielte Sanktionen zu beraten. Der Russland-Koordinator der Bundesregierung, Gernot Erler (SPD), rief am Montagmorgen aber ausdrücklich zu einer gemäßigten Reaktion der EU auf.
"Ich erwarte eigentlich, dass wir jetzt unmittelbar nach dem Referendum nicht sofort eine ungeheuerlich umfangreiche Liste bekommen, sondern dass man sich vorbehält, hier noch Erweiterungen vorzunehmen, falls es kein Entgegenkommen der russischen Seite gibt," sagte Erler im Deutschlandfunk.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) äußerte sich zuvor bereits ähnlich. "Wir wollen jetzt keine so unvernünftigen Beschlüsse fassen, dass die Entsendung einer Beobachtermission gefährdet wird", sagte er den ARD-Tagesthemen am Sonntagabend. "Wir werden das so entscheiden, das in den Tagen danach Kontaktaufnahme mit Russland weiterhin möglich sein wird, um auf einen Weg von Verhandlungen zurückzukommen."
Nach Angaben zweier Diplomaten sind die Namen von 20 Verantwortlichen im Gespräch, gegen die Einreiseverbote und Kontensperrungen verhängt werden sollen.
Steinmeier verschärfte am Montag vor dem Außenministertreffen in Brüssel seine an Russland gerichtete Forderung einer OSZE-Beobachtermission. "Wir müssen handeln, die Beobachtermission muss jetzt kommen und nicht in der nächsten oder übernächsten Woche", verlangte er. Es gehe darum, "genau zu beobachten, ob Russland jenseits der Krim weiter aktiv ist". Die Regierung in Moskau habe jetzt die Möglichkeit zu beweisen, dass dies nicht so sei.
Erler bezeichnete die EU-Sanktionen als "moderat und abgestuft" und betonte, nur mit einer "verbindlichen Zusage" Russlands zum Dialog könne man aus der jetzigen Situation herauskommen. Zwar habe Russland bislang auf die Berliner Forderung nach Einrichtung einer so genannten Kontaktgruppe zur Lösung des Konfliktes "hinhaltend" geantwortet. "Vielleicht ändert sich das ja jetzt in dieser Woche", meinte Erler.
Die genaue Reaktion Russlands auf das Referendum bleibe abzuwarten und biete die Chance für einen Dialog mit Moskau. "Es ist nicht zwingend, dass jetzt sofort Fakten geschaffen werden", sagte er. "Und das sind ja gerade die Phasen, in denen es möglich ist, in ein Gespräch zu kommen."
Steinmeier betonte ebenfalls diese Chance. "Möglicherweise haben wir noch einen Zeitraum, um ins Gespräch zurückzukommen", sagte er. "Es geht darum, dass aus dem Fall der Krim keine neue Spaltung in Europa wird."
Der Westen wertet das Referendum auf der ukrainischen Halbinsel Krim als illegal und Verstoß gegen die ukrainische Verfassung. US-Präsident Barack Obama schloss eine Anerkennung der Abstimmung bereits am Sonntag kategorisch aus. Laut dem von Krim-Regierungschef Sergej Aksjonow am Montag verkündeten offiziellen Endergebnis des Volksentscheids stimmten 96,6 Prozent aller Krim-Bewohner für die Abspaltung von der Ukraine.
In der deutschen Bundespolitik führte dieses Resultat angesichts massiver Einschüchterungen durch die Anwesenheit des russischen Militärs zu bissigen Reaktionen. Das Ergebnis wundere sie, sagte die Grüne-Osteuropaexpertin Marieluise Beck dem RBB. "Es hätten eigentlich 110 Prozent sein können."
(Mitarbeit: Anton Troianovski und Paul Sonne)
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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March 17, 2014 05:08 ET (09:08 GMT)
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