20.11.2015 11:31:00
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Gasverbrauch wird laut Bolz in Europa in nächsten Jahren kaum steigen
Bei Elektroautos sei die Entwicklung viel träger als von der Politik gedacht. Einerseits sei die Batterientechnologie noch nicht ausreichend. Es könne aber auch das Delta zwischen Sprit-Pkw und E-Autos von mehreren zigtausend Euro beim Kaufpreis nicht weggebracht werden, da der Politik für direkte Förderungen das Geld fehle, meinte Boltz bei der Herbsttagung der Österreichischen Gesellschaft für Erdölwissenschaften (ÖGEW).
Grund für den wohl weiter rückläufigen Gasverbrauch sei die "Vertreibung" der Industrie aus Europa, aber auch der Wegfall der unrentabel gewordenen Stromerzeugung aus Gas, die früher ein Fünftel des Gasverbrauchs bestritten habe. Strom aus Gaskraftwerken komme heute samt Netztarifen auf 34 bis 38 Euro pro Megawattstunde (MWh), verkauft werden könne er dann aber nur für 30 Euro/MWh, "daran wird sich auch in den nächsten Jahren nicht viel ändern", so Boltz: "Auf Sicht werden die seit 2007 gesunkenen Strom-Großhandelspreise niedrig bleiben, jedoch mit starken Schwankungen innerhalb eines Tages oder einer Saison."
Zur Stromerzeugung aus Erdgas koste der Rohstoff Gas zwar nur 17 bis 18 Euro/MWh, die Kraftwerke hätten aber nur eine Effizienz von 50 bis 60 Prozent. Die Anlagen hätten nur in engen Grenzen eine Zukunft, nämlich zur Netzstabilisierung, aber mit recht kurzen Laufzeiten. Dabei seien die Anlagen feinstaubfrei und würden wenig Stickoxide freisetzen; zudem gebe es weltweit mehr Gas als Öl, und der Preis von Gas sei auch nicht so "politisch" wie jener von Öl.
Der Stromverbrauch selbst werde künftig durch Anteilsverschiebungen eher steigen, erwartet Boltz, während es bei fossilen Energien sukzessive Verbrauchsreduktionen geben werde. Auch in der Industrie gehe der Energieverbrauch langsam weg von Kohle, Öl und Gas Richtung Strom. Heute würden in Österreich nur rund 20 Prozent des Endenergieverbrauchs auf Strom entfallen. Bei Strom stammten 11,5 Prozent aus neuen Erneuerbaren Energien und biogenen Brennstoffen, samt Wasserkraft mache der Erneuerbaren-Anteil 80 Prozent aus. Diese circa 80 Prozent seien wahrscheinlich auch eine Art Obergrenze, vermutet der E-Control-Vorstand.
Das Phänomen negativer Strompreise wegen vorübergehender Stromüberschüsse werde künftig zunehmen. Derzeit gebe es an den Strombörsen in Deutschland und Osterreich erst an 150 bis 250 Stunden im Jahr negative Preise. Das Problem sei, dass Photovoltaik oder Windkraft nicht einfach zu- oder weggeschaltet werden könne, in Deutschland etwa hat Ökostrom sogar gesetzlich den Vorrang. "Die 27.000 PV-Anlagen in Bayern haben keinen Schalter zum Ein- oder Ausschalten", so Boltz.
Die durch die Ökostrom-Schwankungen heute stärkere Belastung der Netze schlage sich auch in Kosten nieder, Deutschland etwa gebe heuer eine halbe Milliarde Euro für Redispatch aus. Der Stromanteil aus Erneuerbaren Energien betrage dort im Schnitt 30 Prozent und erreiche in der Spitze schon 70 bis 80 Prozent.
In Österreich habe sich der Regelungsbedarf von 70 Mio. Euro vor fünf Jahren auf 220 Mio. Euro im Vorjahr verteuert. Damit seien die Kosten, um die Netze stabil zu halten, auf 2,9 Cent pro Kilowattstunde (kWh) gestiegen, "das kostet also schon fast so viel wie der Strom selbst". Hier gebe es "eine zunehmende Entfernung vom volkswirtschaftlichen Optimum". Früher seien 70 Mio. Euro Regelungskosten einem Stromwert von 2 Mrd. Euro gegenübergestanden, zuletzt sei die Relation 0,2 zu 1,6 Mrd. Euro gewesen.
(Schluss) sp/itz
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