Umbau geht weiter 17.07.2014 13:35:00

Bilfinger stößt Baugeschäft in Österreich ab

Daher steht auch die Bilfinger Baugesellschaft m.b.H. in Wien zum Verkauf. "Wir sind noch ganz früh in dem Prozess, den wir im Mai angekündigt haben", sagte Konzernvorstand Jochen Keysberg im Gespräch mit der APA. Die Informationspakete für den anstehenden Deal seien bereits zusammengestellt und würden derzeit an Interessenten verschickt. Auch die beiden größten österreichischen Baukonzerne Strabag und Porr werfen laut früheren Angaben der Konzernchefs Thomas Birtel bzw. Karl-Heinz Strauss ein Auge auf die Wiener Bilfinger-Gesellschaft. Diese hat ihren Firmensitz im selbst errichteten Bürohaus Forum Schönbrunn und erzielte zuletzt rund 80 Mio. Euro Umsatz. Zum Kaufpreis wollte Keysberg keine Angaben machen. Analysten und Bankern zufolge soll sich die Summe zwischen 200 und 255 Mio. Euro bewegen.

Der Verkauf sollte jedenfalls in den kommenden Monaten über die Bühne sein. "Wir gehen davon aus, dass wir das bis zum Frühjahr 2015 erledigt haben", so der Manager. Der langjährige Umbau des gesamten Bilfinger-Konzerns weg vom reinen, zyklischen und wetterabhängigen Baugeschäft hin zum weitaus renditeträchtigeren Immobilien- und Industriedienstleister sei dann abgeschlossen, wenn "die Construction" veräußert sei. Im Wesentlichen würden Baueinheiten in Deutschland, Polen und eben auch jene in Wien verkauft. Eine Linzer Niederlassung der Wiener Baugesellschaft wurde bereits 2013 aufgelöst.

In Österreich erzielte Bilfinger 2013 mit rund 3.200 Mitarbeitern in den 17 österreichischen Gesellschaften eine Leistung von 680 Mio. Euro - nach 685 Mio. Euro im Jahr davor. Der leichte Rückgang sei der Bilfinger Baugesellschaft zuzuschreiben. Dort ging der Umsatz im Vorjahr von "gut 100" Mio. auf 80 Mio. Euro zurück. "Bilfinger steht für viel mehr als für Bau - das sind nur etwa 10 Prozent von dem, was wir hier machen und nun steht es zum Verkauf", betonte Keysberg. "Wir sind ein interessanter Player im gesamten Bereich Industriedienstleistungen." Weltweit beschäftigt der Konzern rund 74.000 Mitarbeiter.

Der Rückzug Bilfingers aus dem klassischen Baugeschäft und der gleichzeitige Ausbau der Dienstleistungen für Kraftwerke, Öl- und Gasanlagen sowie Gebäude läuft seit mehr als zehn Jahren. "2002 haben wir begonnen, in baunahe Dienstleistungen zu investieren", erklärte der Vorstand. Diese Gesamtstrategie, also die Abkehr vom reinen Baubereich, werde nun auch auf Österreich heruntergebrochen. "Das setzen wir auch hier um", sagte er in Wien.

Mit dem klassischen Baugeschäft erzielte die internationale Bilfinger SE 2013 weltweit noch rund 1 Mrd. Euro Umsatz - insgesamt wies der Konzern eine Leistung von 8,5 Mrd. Euro aus. 2010 waren beispielsweise noch 1,7 von insgesamt 8,1 Mrd. Euro im Baugeschäft umgesetzt worden. Unternehmensteile mit einem Umsatzvolumen von rund 800 Mio. Euro werden derzeit noch veräußert.

Parallel zum Verkauf des klassischen Baugeschäfts forciert der Mannheimer Baukonzern, der vom ehemaligen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch geleitet wird und in Deutschland die Nummer zwei hinter Hochtief ist, seine Zukäufe in den Bereichen Engineering und Immobilienmanagement.

Dabei hat der Konzern auch Österreich im Visier. "Wir werden uns nach wie vor anschauen, was zu uns passt - da ist Österreich nicht ausgenommen", so der Manager.

Mit der bisherigen Einkaufstour in Österreich sind die Deutschen jedenfalls glücklich: "Mit den Akquisitionen sind wir sehr zufrieden - auch mit den zwei großen", sagte der Vorstand unter Verweis auf den ehemals staatlichen Linzer Industrieanlagenbauers MCE, der 2009 zu einem damals kolportierten Preis von 350 Mio. Euro ins Bilfinger-Imperium wanderte, sowie das Gebäudemanagement-Geschäft von M+W Zander, das die österreichische Beteiligungsfirma Victory der Industriellen Ronny Pecik und Georg Stumpf 2008 an den deutschen Konzern verkaufte. Die Integration sei bei beiden gut gelaufen und auch die "Performance nach der Integration" sei gut.

Für Zukäufe hat Bilfinger am Anfang des Konzernumbaus einst über 1 Mrd. Euro in der Kasse. "Im Moment kommen wir auf etwa 650 Mio. Euro", sagte Keysberg zur APA. Die Preisobergrenze für die Akquisitionen liege bei rund 250 bis 300 Mio. Euro. Zuletzt hat Bilfinger im Juni mit der Übernahme der britischen Immobilienberatungsgesellschaft GVA mit 1.500 Mitarbeitern und heuer einer voraussichtlichen Leistung von 190 Mio. Euro eine "größere Akquisition" getätigt. Den Kaufpreis, über den Stillschweigen vereinbart wurde, schätzen Branchenkenner auf 150 bis 200 Mio. Euro.

Bis 2016 will Bilfinger seine Leistung via Übernahmen auf 11 bis 12 Mrd. Euro und sein Konzernergebnis auf rund 400 Mio. Euro steigern. Davon ist das deutsche Unternehmen allerdings noch weit entfernt. Für 2014 mussten die Umsatz- und Ergebnisziele erst vor zwei Wochen unerwartet deutlich nach unten revidiert werden: Die Leistung soll gegenüber 2013 von 8,5 auf rund 7,9 Mrd. Euro sinken und das Konzernergebnis auf 230 bis 245 Mio. Euro (2013: vergleichbar 255 Mio. Euro). Im März hatte Bilfinger für heuer noch mit einer "deutlichen Ergebnissteigerung" und einer Leistung von "mindestens 9 Mrd. Euro" gerechnet.

Doch die starke Verunsicherung und Investitionszurückhaltung der Stromkonzerne infolge der Energiewende (hin zu erneuerbaren Energien) bereite Probleme. Der Bereich Energie wäre für Bilfinger normalerweise "das margentechnisch stärkste Segment", erklärte Keysberg.

"In Österreich erfüllen wir unsere Zielmargen 2013 und 2014", räumte der Konzernvorstand ein. Er erwarte aber auch von den österreichischen Gesellschaften, "dass sie ihr internationales Wachstum überproportional steigern".

80 Prozent seines Geschäfts macht der Konzern nach wie vor in Europa. Zu den derzeit wichtigsten außereuropäischen Märkte von Bilfinger gehören die USA im Kraftwerks- und Industriebereich und mit etwas Abstand dahinter Südafrika. "Wir untersuchen auch die asiatischen Märkte - da sind wir in einer Findungsphase, was den Energiemarkt angeht", so Keysberg.

kre/ggr

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