26.10.2015 06:41:45

Balkan-Gipfel will Politik des "Durchwinkens" beenden

   BRÜSSEL (AFP)-- Keine nationalen Alleingänge mehr, 100.000 Aufnahmeplätze für Flüchtlinge und 400 Grenzschützer für Slowenien: Die Teilnehmer eines Sondergipfels zur Balkanroute erklärten in der Nacht zum Montag in Brüssel, die "Politik des Durchwinkens" von Flüchtlingen auf der Strecke zwischen Griechenland und Deutschland beenden zu wollen. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wertete die Gipfelergebnisse als "Beitrag zu einem vernünftigen Umgang" mit der Flüchtlingsfrage, auch wenn die Krise damit noch nicht bewältigt sei.

   Die chaotischen Zustände entlang der Balkanroute könnte "nicht durch nationales Vorgehen allein" gelöst werden, heißt es in einem von acht EU-Länder sowie den Balkanstaaten Serbien, Mazedonien und Albanien vereinbarten 17-Punkte-Plan. Nötig sei "ein entschlossener, grenzüberschreitender Ansatz im europäischen Geist". Die bisherige Praxis entlang der Balkanroute, "Flüchtlinge durchzuwinken" und etwa in Zügen und Bussen zur nächsten Grenze zu bringen, sei "nicht hinnehmbar".

   "Nachbarn sollten zusammenarbeiten und nicht gegeneinander", sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der das Treffen nach eigenen Angaben auf Merkels Anregung einberufen hatte. Es gehe darum, "eine sich anbahnende und zum Teil schon existierende humanitäre Krise abzuwenden". Merkel sagte, es sei wichtig, zu einem geordneten und gesteuerten Management in der Flüchtlingskrise zu kommen.

   Dramatisch war die Lage zuletzt in Slowenien, wo in den vergangenen Tagen zehntausende Flüchtlinge ankamen, nachdem Ungarn seine Grenzen zu Serbien und Kroatien mit einem Zaun dicht gemacht hatte. Der slowenische Regierungschef Miro Cerar hatte zum Auftakt des Treffens gewarnt, ohne schnelle und konkrete Lösungen könnten "die EU und Europa als Ganzes beginnen auseinanderzubrechen". Die Gipfelteilnehmer beschlossen die Entsendung von 400 Grenzschützern nach Slowenien innerhalb einer Woche.

   Ungarns rechtskonservativer Regierungschef Viktor Orban fühlte sich dagegen im Bau der Grenzzäune in seinem Land bestätigt: Ungarn befinde sich nun "nicht mehr auf der Route" der Flüchtlinge, sagte er. Er sei deshalb "nur Beobachter" bei dem Gipfeltreffen.

   Der 17-Punkte-Plan sieht nun "einen permanenten Austausch von Informationen" zwischen den betroffenen Regierungen vor. Um Versorgung und Unterbringung der Flüchtlinge zu verbessern, sollen betroffene Länder notfalls auch den Zivilschutz-Mechanismus der EU auslösen, heißt es in dem Text, der von den acht EU-Ländern Bulgarien, Deutschland, Griechenland, Kroatien, Österreich, Ungarn, Rumänien und Slowenien mitgetragen wurde.

   Von den 100.000 Plätzen zur Aufnahme und Registrierung sollen 50.000 in Griechenland entstehen, wo der Großteil der Flüchtlinge über die Türkei als erstes in der EU ankommt. 30.000 der Plätze sollen noch in diesem Jahr geschaffen werden, 20.000 weitere sollen später folgen Die anderen 50.000 Plätze sollen in den Ländern entlang der Balkanroute nach Norden entstehen.

   Eine zentrale Rolle soll dabei das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR leisten. Die Aufnahmeplätze könnten helfen, die Flüchtlingsbewegungen "besser zu bewältigen und vorhersehbarer zu machen", sagte UN-Flüchtlingskommissar António Guterres bei dem Treffen. Österreichs Bundeskanzlerin Werner Faymann sagte jedoch, die 50.000 Plätze für den Winter auf dem Balkan seien "natürlich zu wenig, wenn man die Zahlen der letzten Wochen sieht".

   Darüber hinaus wollen die Gipfelteilnehmer ihre Anstrengungen verstärken, "die Kontrolle über unsere Grenzen wiederzuerhalten". Dazu soll unter anderem die Mittelmeer-Mission "Poseidon" zwischen Griechenland und der Türkei ausgebaut werden. Die EU-Grenzagentur Frontex kommt zur Unterstützung verstärkt oder erstmals an mehreren Grenzen auf der Route zum Einsatz - auch um bei der Registrierung von Flüchtlingen zu helfen.

   Gesprochen wurde Merkel zufolge erneut auch über die zentrale Rolle der Türkei, die wichtiger Transitpunkt für viele Flüchtlinge beim Weg in die EU ist, sowie über die Notwendigkeit, mit Ländern wie Bangladesch, Pakistan und Afghanistan eine Rückführung von nicht asylberechtigten Flüchtlingen zu erreichen. Die Flüchtlingskrise sei "eine der größten Bewährungsproben", der sich Europa ausgesetzt sehe, sagte Merkel. Es werde noch "viele weitere Schritte" brauchen, um diese zu bestehen.

   DJG/jhe

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   October 26, 2015 01:11 ET (05:11 GMT)- - 01 11 AM EDT 10-26-15

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