23.09.2015 11:07:49
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Deutsche Finanzaufsicht BaFin analysiert Kurseinbruch bei VW
Von Alexandra Regner
FRANKFURT (Dow Jones)-- In den ersten beiden Börsentagen nach Bekanntwerden des Skandals um manipulierte Abgaswerte bei VW ist die Aktie des Autoherstellers im freien Fall gewesen. Das hat nun auch die Finanzaufsicht BaFin auf den Plan gerufen. Die Behörde prüfe mögliche Unregelmäßigkeiten rund um den Handel mit Volkswagen-Aktien, bestätigte eine Sprecherin der Nachrichtenagentur Dow Jones, und zwar hinsichtlich Marktmanipulation, Insiderhandel und Verletzung der Mitteilungspflicht.
Nachdem die Affäre am vergangenen Wochenende öffentlich geworden war, war die Aktie des DAX-Konzerns zum Wochenstart um rund 20 Prozent eingebrochen. Am Dienstag ging es dann noch einmal ebenso massiv nach unten: Volkswagen hatte mitgeteilt, dass neben der bislang im Raum stehenden 500.000 Fahrzeuge in den USA weltweit bis zu elf Millionen Autos betroffen seien, und kam mit einer Gewinnwarnung heraus. "Zur Abdeckung notwendiger Service-Maßnahmen und weiterer Anstrengungen, um das Vertrauen unserer Kunden zurückzugewinnen, beabsichtigt Volkswagen, im 3. Quartal des laufenden Geschäftsjahres rund 6,5 Milliarden Euro ergebniswirksam zurückzustellen", hieß es zudem. Daraufhin sackte der Kurs erneut um mehr als 20 Prozent ab.
Angesichts der massiven Kursausschläge fragt sich die BaFin nun, ob Marktmanipulationen vorgelegen oder Insider sich im großen Stil von VW-Aktien getrennt haben. Zur Überwachung der Insiderhandels- und Marktmanipulationsverbote analysiert die Behörde das Handelsgeschehen "anhand der Daten über sämtliche Wertpapiergeschäfte, die Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute melden müssen". Außerdem wertet sie alle Ad-hoc-Mitteilungen börsennotierter Unternehmen aus und geht Hinweisen Dritter beispielsweise von der Presse oder Anlegern nach.
Zudem interessiert die Behörde, ob VW die Öffentlichkeit zu spät informiert und somit die Mitteilungspflicht verletzt hat. Informationen, die kursrelevant sind, haben Unternehmen unverzüglich zu veröffentlichen. VW war laut US-Behörden aber schon länger über das Problem mit dem Schadstoffausstoß im Bilde. Denn diese schreiben in ihrer Zusammenfassung der ersten Untersuchungsergebnisse, sie seien nach der Veröffentlichung einer Studie durch die Universität West Virginia im Mai 2014 ein Jahr lang mit Volkswagen über den Schadstoffausstoß bestimmter Fahrzeuge in Kontakt gewesen. Die Studie habe "signifikant höhere Emissionen" im Normalbetrieb zweier Volkswagen-Modelle gezeigt. Demnach wusste Volkswagen lange vor der Veröffentlichung am Freitag, dass die eigenen Dieselmotoren in das Visier der US-Behörden geraten waren.
Erster Schritt der routinemäßigen Analyse
Das ist ein Punkt, den auch die BaFin interessiert, die nach der Mitteilung am Wochenende und angesichts der massiven Kursausschlägen von selbst aktiv wurde. Sie ließen sich den Geschehensablauf zunächst vom Umternehmen selbst schildern, sagte die Sprecherin, auch hinsichtlich der Frage, ab wann und was der Vorstand eigentlich gewusst habe. Wenn es dann Ungereimtheiten gebe, würden "auch andere Stellen" kontaktiert. Ob VW schon kontaktiert worden sei, konnte die Sprecherin nicht sagen. Derartige Informationen fielen unter die Verschwiegenheitspflicht, erklärte sie. Auch ob und mit welchen US-Behörden die BaFin im Kontakt steht, wollte die Sprecherin nicht sagen. "Wir äußern uns generell nicht dazu, mit wem wir zusammenarbeiten", erklärte sie. Zudem handele es sich derzeit um "ein völlig routinemäßiges, ergebnisoffenes Verfahren". Sie befänden sich erst "im ersten Schritt der routinemäßigen Analyse". Sollten sich Anhaltspunkte finden, wird eine förmliche Insider- oder Marktmanipulationsuntersuchung eingeleitet. Dabei wird beispielsweise ermittelt, wer Auftraggeber der verdächtigen Geschäfte war. Erhärtet sich ein Verdacht, erstattet die BaFin im dritten Schritt Strafanzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaft. Im Falle einer Verletzung der Mitteilungspflicht handelt es sich indes nicht um einen Straftatbestand, sondern um eine Ordnungswidrigkeit, die von der BaFin selbst geahndet wird.
Wie lange dieses Verfahren nun dauert, konnte die Sprecherin nicht sagen. Das hänge "von der Komplexität ab, aber sicher nicht nur bis morgen oder übermorgen", sagte sie. Wenn ein Unternehmen "ad-hoc-publizitätspflichtige Insiderinformationen gar nicht, verspätet, unrichtig oder unvollständig veröffentlicht" können ihm Bußgelder von bis zu 1 Million Euro drohen. Eine Rekordstrafe verhängte die BaFin zuletzt im Frühjahr dieses Jahres gegen den Vermögensverwalter Blackrock. 3,25 Millionen Euro musste das US-Unternehmen berappen, dabei ging es allerdings um inhaltlich nicht richtig oder verspätet abgegebene Mitteilungen über gehaltene Stimmrechtsanteile und Finanzinstrumente.
Im Falle der Verletzung der Adhoc-Pflicht wurden vergangenes Jahr 16 Bußgelder von der BaFin verhängt, die Höchststrafe lag 2014 bei 125.000 Euro. In Bezug auf Insiderhandel und Marktmanipulation wurden im vergangenen Jahr etwa 700 Unternehmen analysiert. Bei 160 Unternehmen hätte es dann erste Anhaltspunkte gegeben, diese seien dann an die Staatsanwaltschaft übergeben worden, sagte die Sprecherin. Insiderhandel und Marktmanipulation können mit Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafen geahndet werden.
Am Mittwoch notierte die Aktie des DAX-Konzerns mit 1,6 Prozent im Plus bei 107,80 Euro.
Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com
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September 23, 2015 05:00 ET (09:00 GMT)
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