19.07.2016 12:37:00

Allianz: "Brexit" verpasst Konjunkturerholung leichten Dämpfer

Der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union ("Brexit") wird die EU nicht in eine existenzielle Krise stürzen, verpasst der Konjunkturerholung aber einen leichten Dämpfer. "Die britische Wirtschaft trägt die Hauptlast. Der Verlust in der Eurozone hält sich in Grenzen", sagte Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise am Dienstag bei einem Pressegespräch in Wien.

Derzeit gebe es noch eine lange Liste von unbeantworteten Fragen, weshalb Prognosen schwierig seien, räumte Heise ein. Bis dato wurde der Artikel 50 noch nicht einmal aktiviert - das heißt, Großbritannien hat sein Austrittsansuchen aus der EU noch gar nicht gestellt. Die zweijährige Austrittsfrist läuft erst ab dann.

Wenngleich die Auswirkungen für Großbritannien ungleich größer sind, kommen der Euroraum und Österreich auch nicht ungeschoren davon. Die Wachstumsprognose für die Eurozone wurde für 2016 von 1,7 auf 1,5 Prozent gesenkt. 2017 wird mit einem Wirtschaftswachstum von 1,6 Prozent gerechnet. Auch für die gesamte EU wurde die Prognose für 2016 nach unten revidiert: Von 1,9 Prozent auf 1,6 Prozent. 2017 wird nun von einem BIP-Wachstum von 1,6 Prozent statt 2,0 Prozent ausgegangen.

Auch die österreichische Wirtschaft kostet der "Brexit" heuer rund 0,2 Prozentpunkte an Wachstum, erwartet der Allianz-Ökonom. Die BIP-Prognose wurde von 1,7 auf 1,5 Prozent gesenkt. Für 2017 wird ein Wirtschaftswachstum von 1,4 Prozent gesehen.

In Großbritannien hingegen könne eine Rezession nicht ausgeschlossen werden. "Wir sehen ein hohes Maß an Verunsicherung", so Heise. Konsumenten und Investoren hielten sich mit Ausgaben zurück. Die Wachstumsprognose für heuer wurde von 1,9 auf 1,0 Prozent fast halbiert. Auch 2017 ist keine Besserung in Sicht: Die Prognose wurde von 2,1 auf 1,0 Prozent gekappt.

Langfristig rechnet der Allianz-Ökonom aber damit, dass sich das Wirtschaftswachstum wieder erholt. Weder die EU noch Großbritannien hätte ein Interesse daran, Handelsbeziehungen unnötig zu belasten. "Am Ende wird es eine Lösung geben, die sich nicht dramatisch von heute unterscheidet", meinte Heise. Mal abgesehen davon, dass Großbritannien nach dem Austritt kein Mitspracherecht mehr in der EU habe.

Das könnte auch die Aufhebung der Russland-Sanktionen vereinfachen. Großbritannien gilt in der EU als Verfechter einer harten Linie gegen Russland - etwa bei Sanktionen wegen des Ukraine-Konflikts. Erschweren könnte es hingegen die Verhandlungen um das Handelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP). Das Abkommen büßt nach dem Votum der Briten für einen Austritt deutlich an Attraktivität ein. Mit Großbritannien fällt die zweitgrößte Wirtschaftsmacht in der EU weg.

(Schluss) kan/kre

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