Wohl keine Überlebenden 24.03.2015 17:29:00

Germanwings-Airbus A320 in Frankreich abgestürzt

Der am Dienstagvormittag verunglückte Germanwings-Flug 9525 ist nur rund eine Minute lang in der üblichen Reiseflughöhe unterwegs gewesen und ging ohne Absprache mit der Flugsicherung in einen Sinkflug. Das sagten Vertreter der Fluggesellschaft bei einer Pressekonferenz in Köln. Germanwings-Chefpilot Stefan-Kenan Scheib sagte, der Grund dafür sei derzeit unklar. Der Chef der Lufthansa-Tochter, Thomas Winkelmann, sprach von einem "traurigen Tag für die ganze Lufthansa-Familie". Er kündigte an, die Fluggesellschaft werde "alles tun", um die Ursache des Unglücks zu klären.

Die in Südfrankreich abgestürzte Maschine vom Typ Airbus A320 war nach den Germanwings-Angaben um kurz nach 10 Uhr in Barcelona mit dem Ziel Düsseldorf gestartet. Sie habe um 10.45 Uhr ihre übliche Reiseflughöhe von 38.000 Fuß erreicht, sagte Germanwings-Chef Winkelmann. Nur eine Minute später habe sie diese Höhe wieder verlassen. Um 10.53 Uhr sei der Funkkontakt zu der Maschine mit der Kennung D-AIPX in einer Höhe von rund 6.000 Fuß abgerissen. Eine mögliche Erklärung für die Ereignisse lieferten die Vertreter der Fluggesellschaft zunächst nicht.

Zuletzt sei eine Höhe von 6800 Fuß (ca. 2072 Meter) registriert worden, meldete Flightradar24 - eine Website, die Flugzeug-Routen im Netz verfolgt und grafisch abbildet. Die Maschine sei mit einer Geschwindigkeit von 3000 bis 4000 Fuß - etwa 900 bis 1200 Meter - pro Minute heruntergegangen. Das sei vergleichbar mit dem Standard bei Landeanflügen.

In der Maschine auf dem Flug nach Düsseldorf befanden sich laut Winkelmann 144 Passagiere und sechs Besatzungsmitglieder, davon zwei Piloten. Unter den Verunglückten dürften sich 67 Deutsche befunden haben, sagten die Germanwings-Vertreter. Sie wiesen aber darauf hin, dass diese Zahl ersten Erkenntnissen entspreche und womöglich korrigiert werden müsse. Bei Flügen innerhalb des europäischen Schengen-Gebiets fänden in der Regel keine Passkontrollen statt. Vor dem Hintergrund sei auch noch nicht sicher, wie viele Staatsangehörige anderer Länder unter den Opfern seien.

Den Angaben von Germanwings zufolge setzt die Fluggesellschaft ihren Betrieb zunächst unverändert fort. Auch für eine vorübergehende Außerbetriebnahme der A320-Flotte gebe es derzeit keinen Grund, sagten die Germanwings-Vertreter. Der Flugzeugtyp habe eine gute Sicherheitshistorie.

Die nun abgestürzte Ausfertigung des Airbus-Flugzeugs war laut Germanwings-Chef Winkelmann im Jahr 1991 an die Lufthansa geliefert worden. Sie sei im Jahr 2014 in den Dienst der Günstiglinie Germanwings übergegangen. Die Maschine ist nach den Angaben der Germanwings-Vertreter damit nicht außergewöhnlich alt. Die Lufthansa-Gruppe betreibe mehrere weitere Maschinen, die rund um das Jahr 1991 in Dienst gestellt worden seien.

Das nun betroffene Flugzeug sei erst einen Tag vor dem Unglück in Düsseldorf einem Routinecheck unterzogen worden, sagten die Germanwings-Vertreter weiter. Die letzte größere Prüfung der Maschine, ein sogenannter C-Check, sei im Jahr 2013 vorgenommen worden.

Germanwings will den Angaben zufolge nun eigene Experten in das Unglücksgebiet schicken. Die Absturzstelle sei schwer zugänglich, berichteten die Vertreter der Fluggesellschaft. Die Fachleute würden deshalb voraussichtlich mit einem Hubschrauber eingeflogen.

Nach Angaben des AccuWeather-Meteorologen Eric Leister gab es zum Unglückszeitpunkt in der Nähe der Absturzstelle rund 100 Kilometer nördlich von Nizza nur wenige Wolken und es wehte ein schwacher Wind. Allerdings soll sich das Wetter an der Absturzstelle in den kommenden zwölf Stunden deutlich verschlechtern, weil eine Sturmfront heranzieht, die Regen und in höheren Lagen Schnee bringe. Die Rettungs- und Bergungsarbeiten könnten dadurch behindert werden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich tief erschüttert. Merkel habe alle Termine abgesagt und halte sich über die Entwicklung auf dem Laufenden, teilte die Bundesregierung mit. Merkel habe bereits mit Frankreichs Staatspräsident François Hollande und Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy telefoniert.

Die Bundesregierung richtete einen Krisenstab ein. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte, das Auswärtige Amt stehe "in engstem Kontakt" zu den französischen Behörden. Zu möglichen deutschen Todesopfern machte er zunächst keine Angaben. Steinmeier sagte: "In diesen schweren Stunden sind unsere Gedanken bei all denjenigen, die darum fürchten müssen, dass ihre Angehörigen unter den Passagieren oder Besatzungsmitgliedern sind." Unter der Rufnummer 030/50003000 richtete das AA auch eine Krisen-Telefonnummer ein.

Der deutsche Flughafen wollte bislang noch keine Stellung zum Absturz nehmen. Bei Germanwings war niemand für weitere Angaben zu erreichen. Die Lufthansa-Tochter gab lediglich via Twitter bekannt, dass man die Medienberichte zu Kenntnis genommen habe, aber noch keine gesicherten Informationen vorlägen. Germanwings will am Dienstag um 15 Uhr eine Presskonferenz abhalten.

"Wir kennen die Berichte über den Absturz, können aber noch nichts bestätigen", äußerste sich hingegen ein Airbus-Sprecher. Der Flugzeugbauer versuche derzeit Klarheit über die Geschehnisse zu bekommen. Auch die Deutsche Lufthansa hat sich über den Kurznachrichtendienst Twitter zum Absturz der Germanwings-Maschine geäußert. "Wir wissen noch nicht genau, was mit Flug 4U 9525 geschehen ist. Mein tiefes Mitgefühl gilt allen Angehörigen und Freunden unserer Passagiere und Crews von 4U 9525. Wenn sich die Befürchtungen bestätigen sollten, ist dies ein schwarzer Tag für Lufthansa. Wir hoffen, Überlebende finden zu können", schrieb Vorstandschef Carsten Spohr via Twitter.

Die Aktien der Germanwings-Mutter Lufthansa gerieten nach den Berichten über den Absturz ebenso unter Druck wie die Aktien des Flugzeugbauers Airbus. Während die Kranich-Aktien zeitweise um rund 5 Prozent nachgaben, verloren die Airbus-Aktien rund 3 Prozent. "Weil bislang noch alle relevanten Infos zu dem Absturz fehlen, werden beide Aktien verkauft", sagt ein Händler in einer ersten Reaktion. Sollte es sich um einen Terrorakt handeln, dann seien deutlich negative Effekte auf die gesamte Tourismusindustrie zu befürchten. Handele es sich um einen technischen Fehler, könnten Triebwerkshersteller oder andere beteiligte Zulieferer belastet werden. Deutsche Behörden haben haben bisher jedoch keine Hinweise auf einen möglichen terroristischen Anschlag gefunden.

Zunächst werde Lufthansa besonders hart getroffen, da die Fluggesellschaft auch einen Reputationsbonus als besonders sicherer Anbieter verliere, sagte ein Börsianer. Bei Airbus sei mit dem Mittelstreckenjet A320 die wichtigste Baureihe betroffen.

"Für die Lufthansa entsteht ein erheblicher Vertrauensschaden, der auch nicht ohne weiteres wieder zu bereinigen ist", sagte Analyst Jochen Rothenbacher von der Equinet Bank. Selbst wenn die Fluggesellschaft selbst keine Schuld treffe, bleibe in der Wahrnehmung der Kunden doch immer Negatives hängen.

"Eine Einschätzung der Auswirkungen auf Airbus ist bisher nicht möglich, da noch keinerlei Details zu dem Unglück bekannt sind", sagte Analyst Zafer Rüzgar von Independent Research. Für Schlussfolgerungen sei es daher zu früh.

Redaktion finanzen.at mit Material von dpa-AFX und Dow Jones Newswires

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