22.12.2014 06:00:00

20 Jahre EU-Beitritt - Österreich kann günstiger Schulden machen

Für Österreich hat sich der EU-Beitritt vor 20 Jahren aus mancherlei Gründen bezahlt gemacht, einer davon betrifft das Schuldenmanagement. So haben sich die Zinsen, die der Staat für die Aufnahme neuer Schulden bezahlen muss, in diesen 20 Jahren deutlich verringert. Lag die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen Anfang 1995 noch bei 7,7 Prozent, ist sie jetzt auf unter ein Prozent gefallen.

"Diese Entwicklung war und ist vor allem vom Status Österreichs als 'sicherer Hafen' für Anleger geprägt und spiegelt den guten Marktzugang wider", erläutert Martha Oberndorfer, Chefin der für die Schuldenaufnahme zuständigen Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA), gegenüber APA.

Erste Group-Chefanalyst Friedrich Mostböck sieht für die im gesamten Euroraum auf Rekordtiefs gesunkenen Renditen zwei wesentliche Gründe: "Zum einen ist die Konjunktur schwach und wird schwach bleiben, zum anderen gibt es geopolitische Gründe, weil Sicherheit gesucht wird", sagte Mostböck. Er verwies dabei auf die aktuelle Krise zwischen den USA, der EU und Russland wegen der Ukraine.

Auch der Zinsaufschlag ("Spread") zu vergleichbaren deutschen Staatsanleihen, ein Maßstab für das zusätzliche Risiko eines Investors, hat sich in diesen 20 Jahren nach einer zwischenzeitlichen Ausweitung auf fast 150 Basispunkte wieder auf das Niveau von Anfang 1995 eingependelt. Schuld an der Ausweitung hatte die jüngste Finanz- und Bankenkrise und die damit verbundenen Bankenhilfspakete, die die österreichische Staatsverschuldung spürbar belasten.

Der EU-Beitritt vor 20 Jahren hat das Schuldenmanagement Österreichs auch grundsätzlich verändert. Der Kreis der Primärhändler für Bundesanleihen wurde erstmals um ausländische Teilnehmer erweitert. "Der internationale Wettbewerb hat sich bis heute positiv auf die Liquidität österreichischer Bundesanleihen und die Diversifikation der Investorenbasis ausgewirkt", meint Oberndorfer. Die Einführung des Euro, nur wenige Jahre nach dem EU-Beitritt, habe zu einer weiteren Verbreiterung der Gläubigerstruktur geführt. Seither kommen rund 80 Prozent der Investoren aus dem Euroraum.

Auch im Vergleich zu den 20 Jahren vor dem EU-Beitritt ist eine deutliche Verringerung der Volatilität feststellbar. So waren die Zinsaufschläge zu den deutschen Bundesanleihen in den 70er und 80er-Jahren teilweise noch extremer als während der Finanzkrise. In den 70er-Jahren wurden Werte von über 300 Basispunkten - also 3 Prozentpunkten - erreicht.

Aber nicht nur Österreich hat in Hinblick auf die Finanzierung der Staatsschulden vom EU-Beitritt profitiert. Auch in allen anderen Mitgliedsländern führte der EU-Beitritt anfangs zu geringeren Refinanzierungskosten. Zusätzlich verringerten sich die Zinsabstände mit der Euro-Einführung um die Jahrtausendwende. Es kam zu einer engen Konvergenz.

Dieser Prozess hielt bis zum Ausbruch der Finanzkrise an. Mit der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers am 15. September 2008 veränderte sich die Lage dramatisch, die Spreads von Krisenländern wie Griechenland, Irland, Portugal und Spanien explodierten förmlich. Der Wert von griechischen Staatspapieren etwa verfiel so stark, dass ihre Renditen Anfang 2012 vorübergehend auf beinahe 50 Prozent kletterten.

(Grafik 1436-14, Format 88 x 55 mm) (Schluss) ggr/gru

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