Anastasiades in Brüssel 24.03.2013 18:56:31

Dramatisches Ringen um Zypern-Rettung

Wenige Stunden vor einer Sondersitzung der Euro-Finanzminister suchte Präsident Nikos Anastasiades am Sonntagnachmittag in Brüssel unter anderem mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy nach Lösungsmöglichkeiten. "Die Gespräche befinden sich in einer heiklen Phase. Die Situation ist sehr schwierig", sagte Zyperns Regierungssprecher Christos Stylianides vor dem Beginn der Unterredungen. Und die Uhr tickt: Liegt bis Montag keine Lösung vor, will die Europäische Zentralbank (EZB) von Dienstag an Zypern den Geldhahn zudrehen. Dann würde die Wirtschaft binnen Kurzem zusammenbrechen.

Welche konkrete Lösung für das pleitebedrohte Mittelmeerland erörtert wurde, war zunächst nicht bekannt. Am Tisch mit Anastasiades und Van Rompuy saß dem Vernehmen nach auch EU-Kommissionschef José Manuel Barroso. Gespräche mit IWF-Chefin Christine Lagarde, EZB-Präsident Mario Draghi, Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem und EU-Währungskommissar Olli Rehn waren ebenfalls geplant. Anastasiades wurde laut Staatsradio von Finanzminister Michalis Sarris und der Führung der Zentralbank Zyperns begleitet.

Der Druck, bei der Krisensitzung der Eurogruppe mit Vertretern des Internationalen Währungsfonds (IWF) am Sonntagabend in Brüssel zu einer Einigung zu kommen, war immens. Zypern hofft auf Nothilfen der internationalen Geldgeber in Höhe von zehn Milliarden Euro. Für das Rettungspaket muss die Mittelmeerinsel jedoch eine Eigenbeteiligung von 5,8 Milliarden Euro aufbringen, die bisher mit einer Zwangsabgabe auf zyprische Kontenguthaben zusammenkommen sollte.

Die EU-Kommission mahnte mit ungewohnt drastischen Worten eine Lösung der Zypern-Krise noch am Wochenende an. "Es ist ganz entscheidend, dass sich die Eurogruppe am Sonntagabend in Brüssel auf ein Hilfsprogramm für Zypern einigt", sagte Währungskommissar Rehn am Samstag. "Die Ereignisse der vergangenen Tage haben leider zu einer Situation geführt, in der es keine optimale Lösung mehr gibt."

Das Tauziehen um die Rettung des Euro-Landes hatte auch den ganzen Samstag angedauert: In den Gesprächen mit der sogenannten Troika aus EU, EZB und IWF gab es immer wieder Komplikationen. Im Mittelpunkt der Troika-Gespräche stand die Zwangsabgabe auf Geldeinlagen bei der Cyprus Bank, dem größten zyprischen Geldinstitut. Dort sollen russische Oligarchen Milliarden geparkt haben. Zur geplanten Höhe der Abgabe, mit der Zyperns Beitrag zum Rettungspaket abgerundet werden könnte, machten in Nikosia immer wieder neue Gerüchte die Runde.

Die Zeitung "Kathimerini" berichtete, die Abgabe auf Einlagen bei der Cyprus Bank werde zwischen 18 und 22 Prozent betragen. Für alle anderen Banken könnte eine Zwangsabgabe in Höhe von vier Prozent auf Guthaben über 100.000 Euro kommen. Schuld an den Schwierigkeiten bei den Gesprächen mit der Troika trage der Internationale Währungsfonds, berichteten die zyprische Nachrichtenagentur CNA und der Staatsrundfunk unter Berufung auf Regierungskreise am Samstagabend. Die IWF-Vertreterin stelle "immer wieder neue Forderungen", hieß es. Die Regierung wollte sich am Sonntag nicht dazu äußern.

Das Parlament in Nikosia hatte in der Nacht zum Samstag bereits einen Teil des Sparpakets verabschiedet. So wurden Einschränkungen im Kapitalverkehr gebilligt, um ein Abfließen der Gelder ins Ausland zu verhindern. Außerdem wurde die Bildung eines Solidarfonds zur Rekapitalisierung der Geldhäuser beschlossen. Zudem soll das zweitgrößte Geldinstitut, die Popular Bank (Laiki Bank), in eine gesunde und eine Bad Bank gespalten werden. Am Dienstag sollen die seit Samstag vor einer Woche geschlossenen Banken wieder öffnen. Derzeit gibt es auf der Insel Bargeld nur aus dem Bankautomaten.

Zypern stehen nach Einschätzung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble auch nach einer Rettung aus der aktuellen Krise harte Zeiten bevor. "Zypern wird einen schweren Weg gehen - so oder so", sagte er der "Welt am Sonntag". "Aber das ist nicht die Folge europäischer Sturheit, sondern eines Geschäftsmodells, das nicht mehr funktioniert." Zypern habe seit Herbst 2011 praktisch keinen Zugang zu den Finanzmärkten, seine Anleihen seien auf Ramschstatus gesunken, die beiden großen Banken seien faktisch insolvent.

BRÜSSEL/NIKOSIA (dpa-AFX) - /tt/cb/cha/DP/edh

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